Ende Oktober schreibt Tom seinen Lasertrainer an. Die von ihm betreute Vereinsseite zeigt bei den Aktivitäten so eine Leere, als ob die Jugend 2020 nicht existent sei. Ob ich ihm nicht helfen könnte, dies Manko zu beheben. Listig erwähnt er, das Wassertraining sei doch beendet. Ein Paar oder meinte er paar Zeilen sind doch schnell geschrieben. Wenige Bilder lockern das Ganze auf. Das sei doch schnell gemacht.
Der Trainer ist schon länger im Geschäft und überlegt wie er da rauskommt: Na klar er helfe gern, wenn es nicht sofort gebraucht wird und ständige Nachfragen unterbleiben. Er wird so zum Jahresende etwas schreiben. Tom ist ein harter Hund und hält die Füße still, also erinnert sich der Trainer:
HANNA FÄHRT LASER STANDARD – FIETE KEHRT AUF DAS RADIAL ZURÜCK – MEHR TRAININGS-STUNDEN AUF DEM WASSER – ZUWACHS BEI DEN LASERHELDEN – 2020 WAS FÜR EIN JAHR!!!!!
Aber der Reihe nach:
Bis Ende März lief die Trainingsroutine, Dienstag Athletiktraining im Kleiner Fitnessstudio, Mittwoch Theorietraining in Schwerin und Donnerstag Athletiktraining in der Kleiner Schule. Ab Ende Februar kommen noch drei Samstage für Bootsbau dazu und dann regiert:
CORONA – still ruht der Segler
CORONA – auch Ostern ist er nicht am Ruder
CORONA – Am Ersten Mai wird die Lieps nicht bezwungen
CORONA – Himmelfahrt herrscht bei allen Regatten Ruhe
Ende Mai, die Sonne lacht – Der Trainer verliert seine innere Ruhe, warmer moderater Wind, es muss was passieren: Eine Anfrage an Jugendwart und Vorstand: „Die aktuellen Bestimmungen lassen doch einen Trainingsbeginn zu, oder?“ Der Delinquent wird geteert und gefedert, aber die Sache kommt ins Rollen und eineinhalb Wochen später werden die Boote ausgelagert.
PS: Wenn der Delinquent/ Trainer gewusst hätte, welchen Verwaltungsakt/ Papierkrieg er lostritt – er hätte den Mund gehalten – großes Indianerehrenwort. Danke an den Vorstand und besonders an Thomas R., die das mit stoischer Gelassenheit zuverlässig abgearbeitet und unseren Wassertrainingsbeginn möglich gemacht haben!
Und gleich beim Auslagern die ersten Paukenschläge:
– Leon nimmt ein Radialsegel, 4.7 läge hinter ihm, richtig so
– Der Trainer wird mutig und mit fester Stimme wendet er sich an Hanna: „Du nimmst auch ein Radial!“ Auf Hannas Stirn wird eine steile Falte sichtbar, sie holt tief Luft,
der Trainer wappnet sich, im Trainerlehrgang haben Sie ihn genau auf diese Situation vorbereitet: “OK, aber nur wenn wenig Wind weht.“
– Emma sagt, sie komme jetzt regelmäßig zum Training der Großen, Opti sei was für Kinder, sie fahre jetzt bei den Lasern mit. Damit sind jetzt alle Laser der Trainingsgruppe bis auf das neue Schiff besetzt.
– Joni stößt wenig später zum Training dazu. Nach kurzem Blick auf die anderen: „Welches sein Radialrigg sei“ Der Trainer fängt an zu schwitzen. Wenn man etwas anfängt, sollte man vorher das Ende bedenken: Die Materialdecke im Radi ist doch etwas dünn.
– Eckehard hat über den Winter deutlich aufgerüstet. Das neue Segel knistert, Strecker und Beschläge sind getauscht und funktionstüchtig hergestellt, nicht schlecht!
Den Helden juckst, sie wollen unbedingt noch eine Runde segeln.
Zum Schluss vom Tag beseelt, stellt der Trainer die Gretchenfrage: Wann machen wir dieses Jahr Wassertraining?
Die Schulfraktion:
Montag und Freitag kann ich nicht, da habe ich nachmittags Unterricht. Ich Montag und Mittwoch, ich habe dienstags Telefonkonferenz. Donnerstag macht Vati oder war`s Mutti? Lerngruppe…., 16.30 Uhr ist zu früh… Das gilt aber nur diese Woche, bei uns bis Ende des Monats….., die Prüfungstermine stehen noch nicht fest, da soll aber in Kürze was kommen…
Die Hochschulfraktion:
Das Sommersemester findet digital statt! Hochschule und Professoren ducken sich bis auf Einzelkämpfer vollständig weg und der Studentenstatus ändert sich in Fernstudent.
Der Trainer denkt, da ein Lichtschein im Chaos mit flexiblen Trainingszeiten.
Die Elternfraktion:
Bitte fangt an, egal wie. Holt Sie aus dem Haus, weg von den Rechnern.
Die Trainerfraktion:
Er kann aufgrund seines derzeitigen Arbeitspensums nur noch einmal in der Woche das Training absichern.
Der Blick des Trainers wird glasig, er hört nicht mehr richtig zu, geht in sich und wieder retten ihn die Routinen seiner Trainerausbildung: Er trifft eine einsame Entscheidung und verkündet Wassertraining findet Mittwoch ab 16.30 Uhr und Samstag, ab 09.00 Uhr statt. Sobald es wieder geht, auch dienstags das Athletiktraining.
Zustimmung von den Seglern, die Eltern maulen – Samstag 09.00 Uhr ist viel zu früh!?
Das Training Dienstag, Mittwoch und Samstag gibt den Helden wieder einen Rhythmus in der Woche.
Nach Abschluss des Grundlagentrainings Bootsbeherrschung letztes Jahr liegt der Trainingsschwerpunkt 2020 beim Vorwindsegeln und Geschwindigkeitsmaximierung auf der Kreuz. Die Helden fahren also Trimmvergleiche, versuchen auf Vorwind den Druckpunkt zu finden und gleichzeitig durch Gewichtsverlagerung das Boot in die Welle einzudrehen. Von außen betrachtet, sieht das manchmal sicherlich wie beim Ballett aus. Das gebotene Stück: Schwanensee oder Ententeich ist tagesform- und publikumsabhängig. Der böswillige Shantychor der Stegsegler intoniert dazu „Köpfchen in das Wasser, Schwänzchen in die Höh‘. “
2020 üben wir im Training dieser Gruppe zum ersten Mal Inhalte des Regattasegelns. Die Großen Friedemann und Fiete haben diverse Déjà-vus. Lernen kann man die letzten 20 Prozent nur durch beharrliches Wiederholen, möglichst bei ähnlichen Bedingungen. Genau das bleibt dieses Jahr schwierig, zahlreiche Gewitter- und Flautentage treiben oder bremsen uns.
Schwierig für das Training bleibt auch die Inhomogenität der Gruppe, die sich zwischen Anfängern und Fortgeschrittenen in mehreren Zwischenstufen aufteilt. Das ist mit einem Trainer nur sehr unbefriedigend für alle Segler lösbar. Dem entgegenwirkend ist Thomas R. Hilfe sehr förderlich, der vor allem im Frühjahr und Sommer das Training mit einem zweiten Boot absicherte.
Mit Eckehard und zeitweise auch Thomas S. nehmen auch Master (alle über 45, danach kommt alle zehn Jahre ein Grand- davor bevor sie zu Legenden werden) am Lasertraining teil. Hut ab, denn wie Emma und Eckehardt feststellen durften, Lasersegeln ist Sport. Nach eineinhalb Stunden fangen die Muskeln an zu zittern, der innere Schweinehund wird lauter und das Unterbewusstsein intensiviert die Erinnerung an Mutti. Und beiden gehört der Respekt des Trainers, denn Sie kämpfen mit sich und steigen unbeirrt immer wieder aufs Boot. Und ja, bis sie die Stärke erreichen, einhändig Großbäume zerlegen zu können, wird es wohl noch etwas dauern. Aber Vorsicht ist die Mutter alles Tuns und auch diese Fähigkeit wurde im Training eindrucksvoll demonstriert, natürlich nur zur Belehrung und Unfallverhütung.
Erfreulich ist festzuhalten, dass, obwohl wir später begonnen haben, diese Saison mehr Wasserstunden absolvieren konnten. Fiete und Friedemann beobachteten mit Erstaunen und Anerkennung, die Auftakelzeiten bis zum Rausfahren halbierten sich von über 90min auf 45min. Dadurch verlängerten sich ohne Mehraufwand die Wassereinheiten um ¼. Natürlich ist da noch Luft nach oben. Auch die längeren Trainingseinheiten an den Samstagen und die Fortführung des Trainings in den Sommerferien trugen zur Steigerung des Trainingsumfanges bei.
Ende der Sommerferien führten Thomas R. und Jürgen W. zusammen mit der Schweriner Trainingsgemeinschaft ein Laser-Trainingslager in Viecheln durch. Seht hierzu seinen Einzelbericht. Ende August geht das neue Schuljahr los, mehr Präsenzunterricht und gehofft mehr Normalität.
Ende August geht das neue Schuljahr los, mehr Präsenzunterricht und gehofft mehr Normalität. Nun, es läuft gut an, schwächelt dann doch merklich, was dann bis ins Training durchschlägt. Täglich meldet sich jemand vom Training ab oder an, am Trainingstag stündlich. Was also tut der Trainer, wenn nur einer oder zwei von sieben zum Training kommen können? Fährt er zum Training, hofft auch weiterhin darauf, dass seine Kollegen ihm den Rücken freihalten, indem sie seine Arbeit ohne Gegenleistung übernehmen oder hebt er es sich für ein anderes Mal auf, wenn es sich trainingstechnisch mehr lohnt?
Es gibt nur eine Antwort: Er fährt zum Training. Es braucht Verlässlich- und Verbindlichkeit in dieser Zeit, wenigstens von unserer Seite, dem Ehrenamt. Und das ist mein Zeitpunkt denen zu danken, die unser diesjähriges Training mehr oder weniger im Hintergrund agierend ermöglichen, aber nicht oder unmerklich in ihrem Tun hierfür geachtet werden.
– Frank, für seine Unterstützung beim Bootsbau,
– Stefan Taube, für die regelmäßige Pulsbeschleunigungen unserer Helden in der Mucki-Bude,
– Moni, für die schönen selbstgenähten Segelpersennige,
– MKKO, für die Theorieraumüberlassung,
– Reinhardt, für die logistische Hilfe,
– Ina, Olga und Matthias, für Ihre Kollegialität,
– unseren Jugendwart Thomas, der verlässlich da ist, wenn etwas beantragt, abgeholt oder eine helfende Hand gebraucht wird und
– Thomas R., der sich neben vielen anderen Dingen um die Organisation des Training kümmert.
Im Hintergrund setzen die Stegsegler einen neuen Shanty an: Eigentlich betreibt ein Trainer nur Leisure-Management. BEWERBT EUCH! Es ist noch ein Trainerplatz bei den Opti`s frei, viel Ehr für überschaubare Arbeit und bezahlt soll es auch sein.
Auch im Herbst geht das Training seinen gewohnten Gang weiter, na ja fast: Die Regattaszene regt sich sehr leise. Viele, teilweise kurzfristige Absagen, aber einige Regatten sollen stattfinden; die LJM MV in Greifswald oder die LJM SA in Brandenburg. Wir überlegen teilzunehmen, aber entscheiden uns letztendlich in Abwägung von Aufwand und sportlichen Nutzen dagegen: Die Entfernungen sind groß, die Hygieneregeln wechselhaft und an jedem Ort anders, der Transport getrennt nach Haushalten aufwendig und Regatten ohne Seglertreff an Land unwirklich.
Aber hauptursächlich ist eine andere Entwicklung in der Trainingsgruppe: Trainer: „Wer fährt beim Blauen Band mit?“ Leises Murmeln in der Gruppe, Hanna hebt zaghaft ihre Hand. Trainer in die Runde: „Und wie soll der Wind werden?“ Langsame Zeit: Die Schwarmintelligenz im Raum ist physisch spürbar: „Hähhhhhhhhhh……….????“, Es liegt auf der Zunge, es muss nur noch raus „Ähhhhhhhh…mmm!!!!!“. Da versagen in der zweiten Reihe die Nerven, fehlende Erfahrung und zu wenig Vertrauen: „ Schwachwindig so wie heute.“
PS: Nein, Er/ Sie/ Es wussten es auch nicht, hatten aber Netz. Hanna ist merklich nicht bei der Sache, sie hat ein Déjà-vu:
Der Trainer mutig und mit fester Stimme an Hanna: „Nimm für die Regatta Fietes Standard!“ Auf Hannas Stirn wird eine steile Falte sichtbar……….., sie holt tief Luft………., wappnet sich……., sie wurde von ihrem Trainer genau auf diese Situation vorbereitet und dann………. antwortet sie souverän mit einem weiteren Paukenschlag: “OK, aber nur wenn wenig Wind weht.“
Augenblicklich andächtige Stille: Fiete kann es nicht glauben, schaut anerkennend. Noch, denn Fiete bekommt sein Rigg bis Jahresende nicht mehr wieder. Hanna takelt „ihr Standardrigg“ zu jedem folgenden Training auf. Da Fiete später kommt, bleibt ihm nur der Abstieg auf´s Radial. Er nimmt es gelassen hin, hofft bisher vergebens auf den nächsten Starkwind.
Leon und Joni schauen sich das bis zum Saisonende an. Beim Einlagern antworten Sie auf die beiläufige Frage des Trainers: „Sie werden im neuen Jahr ebenfalls das Standardrigg versuchen.“ Joni mit einer Einschränkung: “OK, aber nur wenn mein Wind weht.“
Der Trainer lächelt still und kostet den Moment aus. Die Entwicklung jedes einzelnen in der Gruppe ist deutlich und er hat Planungssicherheit für das nächste Jahr: vier oder fünf Standard und ein 4.7, Gäste nicht einbegriffen.
Es grüßt euch Matze